Man läuft täglich an dem Engel im Haupttrakt vorbei. Fragt ihr euch nicht auch, welche Geschichte hinter diesem Engel steht?

Es ist der Verkündigungsengel, der Maria verkündete, dass sie  schwanger sei und Gottes Sohn erwarte. Deshalb gehört zu dieser Figur noch eine Marienfigur. Diese Verkündigungsgruppe entstand am Anfang des 15. Jh. und war bis 1945 außen an der Sakristei der Andreaskirche angebracht, der Verkündigungsengel links und die Marienfigur rechts.

Aus Furcht vor Zerstörung durch Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg waren die Figuren der Andreaskirche im Laufe des Krieges abgebaut und eingelagert worden. Wo genau, ist ist bis heute unbekannt. Die Andreaskirche wurde nach Kriegsende erst sehr spät wieder aufgebaut; ihre Wiedereinweihung erfolgte erst 1960 - ohne die beiden Figuren.

In den 1960er-Jahren tauchte die Marienfigur dann im Michaeliskloster auf, aber ohne den Verkündigungsengel. Dieser wurde (wahrscheinlich zur gleichen Zeit) aus unbekannten Gründen in unserer Schule aufgestellt, wo er bis heute steht. Zwischen Kriegsende und diesem Zeitpunkt 1960/70 gibt es keine Spur, wo die Figuren sich befanden. Der Engel galt in der Öffentlichkeit sogar bis 2004 als vermisst; an anderer Stelle wird aber berichtet, dass er bereits 1999 vom Steinmetzbetrieb Willi Stemme restauriert worden war. Schließlich wurde der Engel offiziell auf Initiative der Deutsch- und Kunstlehrerin Felizitas Matzke im Andreanum aufgestellt.

Als die beiden Figuren 2019 gemeinsam in einem Ausstellungskatalog vom Dommuseum als seltene Beispiele der Hildesheimer Monumentalplastik um 1400 erschienen, wurden auch die Andreaskirche und das Michaeliskloster auf die Figuren aufmerksam. Anfang 2020 bahnte sich ein Konflikt an, weil die Andreaskirche – rechtlich begründet – Anspruch auf beide Figuren erhob. Das Michaeliskloster hingegen wollte, da sich bereits die Marienfigur dort befand, dass der Verkündigungsengel zur Marienfigur im Kloster kommen sollte. Nach einigen Verhandlungen einigte man sich aber zum Glück darauf, dass der Engel als Dauerleihgabe im Andreanum und die Marienfigur im Kloster bleiben dürfen, wenn beide Institutionen ihnen Erklärungen zur Seite stellen.

Und so stehen der Verkündigungsengel und die Marienfigur, die eigentlich zusammen gehören, getrennt voneinander und niemand weiß, wer veranlasste, dass sie voneinander getrennt wurden und warum. Die Beweggründe bleiben wahrscheinlich für immer unbekannt und man kann jetzt mit dem Wissen hier vorbeigehen, dass eine spannende und mysteriöse Geschichte dahinter steckt. Mit diesem Text kommen wir der Abmachung mit der Andreaskirche nach.

Annukka Haase und Sisel Münchow (Projektwoche Nachhaltigkeit September 2023)

 

Literatur: Maren Christine Härtel, die Verkündigungsgruppe von der Sakristei der Hildesheimer Andreaskirche – Würdigung eines lange verloren geglaubten Werkes des internationalen Stils Jahrbuch für Geschichte und Kunst im Bistum Hildesheim 73 (2005), S. 31-64.

Zeitenwende 1400 – Hildesheim als europäische Metropole. Eine Ausstellung des Dommuseums, Hildesheim 2019, S. 398-399.

HAZ v. 23. März 2020

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