Beim Wettbewerb „Stimmen der Krise“ im Literaturhaus St. Jakobi setzen sich Schülerinnen und Schüler mit der Existenz und Bewältigung von aktuellen Krisen auseinander.

Von Rieke Schmieding

„Wer nutzt jeden Tag Social Media?“, fragt Moderatorin Winnie Wilka am Donnerstagabend das Publikum im Literaturhaus St. Jakobi und erhält als Antwort ein Lichtermeer aus Handy-Taschenlampen. Jedes Leuchten steht dabei für den täglichen Konsum. Auf der Leinwand hinter ihr reiht sich das Bild einer Naturkatastrophe an Impressionen aus Kriegsgebieten – alles kann man auf den sozialen Medien verfolgen.

Beim Schülerwettbewerb „Stimmen der Krise“ dreht sich alles um Krisen jeglicher Art und die Entwicklung von Resilienzen. Hierzu haben zahlreiche Schülerinnen und Schüler ihre Gedanken kreativ festgehalten. Circa 100 Einzel- und Gruppenarbeiten sind dabei in Form von Rede- und Social-Media-Beiträgen entstanden. Insgesamt 2500 Euro Preisgeld gibt es für die besten Arbeiten. Wettbewerbskoordinator Dirk Bischoff bringt das Ziel auf den Punkt: „Wir wollen zuhören, was ihr zu sagen habt.“

Sechs Schülerinnen und Schüler tragen ihre Redebeiträge im Literaturhaus vor und zeigen deutlich: Krisen können viele Dimensionen umfassen. Angst vor Kriegen und Gewalt, Alltagsstress in der Schule, Benachteiligung von Frauen, Flüchtlingserfahrungen und die schlechten Nachrichten, die dauerhaft auf junge Menschen einprasseln. Das alles kann ganz schön ernüchternd sein, finden die Hildesheimerinnen und Hildesheimer. Antonia Blaich vom Gymnasium Adreanum bezeichnet das entstehende Gefühl in ihrem Text auch als „Kälte, die bei 30 Grad im Schatten bleibt“.

Doch es soll an diesem Abend nicht nur um die Existenz, sondern ebenfalls um die Bewältigung von Krisen gehen. „Wir sind den Krisen nicht ausgeliefert“, betont Moderatorin Wilka. Und das zeigt unter anderem Anna Michels von der Robert-Bosch-Gesamtschule. „Wir gehören uns selbst“, ermutigt sie bei ihrer Rede alle Frauen, sich nicht von Männern bevormunden zu lassen.

Dass trotz der durchweg guten Beiträge eine Entscheidung fallen muss, fällt der vierköpfigen Jury sichtlich schwer. „Aber wir mussten uns entscheiden“, betont Thomas Klupp, der als Dozent für Kreatives Schreiben an der Hildesheimer Universität tätig ist. Und es gibt eine Besonderheit: Zusätzlich zu den ersten drei Platzierungen gibt es einen Sonderpreis für Hala Alaidi, die in ihrer emotionalen Rede ihre eigenen Erfahrungen aus einem Kriegsgebiet verarbeitet.

Über den ersten Platz kann sich die Andreanerin Barbara Liliana Prinzing freuen, die durch ihre poetry-slam-artige Vortragsweise überzeugt. In ihrem Redebeitrag „Zeit für die Nachrichten“ erzählt sie von ihrer Angst, die Tagesnachrichten überhaupt noch zu verfolgen. „Es ist acht Uhr und ich will die Nachrichten gucken, mich für die Welt und ihr Geschehen interessieren, ohne dabei selber vor dem Leben zu fliehen“, reimt die Erstplatzierte.

Aber nicht nur vier Redebeiträge werden mit einem Teil des Preisgeldes belohnt. Auch die Social-Media-Beiträge werden genau unter die Lupe genommen. Die Ideen der Schülerinnen und Schüler sind vielfältig. Sie reichen von einem abgefilmten WhatsApp-Chatverlauf über Fotocollagen bis hin zu schauspielerischen Videobeiträgen. Hilfen in Zeiten von Krisen, Tipps gegen Mobbing, Schönheitsideale und auch Beziehungskrisen: Die jungen Hildesheimerinnen und Hildesheimer setzen unterschiedliche Schwerpunkte.

Auch in dieser Kategorie kürt die Jury drei Siegerteams. Den ersten Platz ergattern fünf Jungen von der St.-Augustinus-Schule mit ihrer Bildergeschichte „Der einsame Reisende“, bei der ein Polarbär als Symbol des Klimawandels auftritt. Auf der Bühne zeigt sich das Team zuversichtlich und fordert dazu auf, nachhaltiger zu leben.

Alle Siegerinnen und Sieger erhalten Blumensträuße und Urkunden, die das Preisgeld für die Kurs- oder Klassenkasse versprechen. Doch leer geht niemand aus – denn für alle Teilnehmenden gibt es ein kleines Dankeschön. Und auch das Publikum hat durch den Abend etwas mitgenommen. „Der Abend hat mir Hoffnung gegeben“, spricht Thomas Klupp das aus, was sich sicherlich viele denken.

Text und Foto (1): Archiv der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung vom 18.11.2023

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